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Opération Octogon

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Message par 6clopes Dim 27 Déc - 23:07

si un-e aimable traducteur-rice voulait traduire ces documents... nous en serions bien contentés, merci !


(adenauer > le cercle + union paneuropéenne)

Heft 03 2000
Georg Hodel

Das "Octogon"-Komplott

Schwarze Kassen und geheime Konten in der Schweiz und in Liechtenstein gab es schon, bevor Helmut Kohl Kanzler wurde. Aktenfunde in der Schweiz belegen: Deutsche Geheimdienstler aus der Nazi-Zeit hatten zu Beginn der 50er Jahre im liechtensteinischen Schaan unter dem Namen "Octogon Trust" eine Waffenschieberzentrale eingerichtet. Sie vermittelte Rüstungsgeschäfte und leitete Provisionszahlungen in Millionenhöhe den Unionsparteien und dem Bundesnachrichtendienst (BND) zu

Die festungsähnliche Villa mit ihren unterirdischen Anlagen liegt versteckt hinter einer hohen Umfassungsmauer, die ein Achteck oder Oktogon bildet. Sie wurde mitten im II. Weltkrieg von dem aus Baden-Württemberg stammenden Wehrmachtsbeauftragten und V-Mann der Abwehr, Rudolf Ruscheweyh, für über eine Million Franken erbaut. Das Geld dafür hatte sich der ehemalige Leiter der Abwehrfiliale in Paris durch die Vermittlung von schweren Waffen des in die Schweiz eingewanderten Rüstungsproduzenten Emil Bührle an das Dritte Reich verdient.

Zu den Leuten, die in den ersten Nachkriegsjahren bei Ruscheweyh in Liechtenstein die Aufwartung machten, gehörten Agenten, Militärs und Geschäftsleute aus Ost und West. Ein besonders häufiger Besucher war der chinesische Generalkonsul Hans Klein, der zu Beginn des Krieges im Auftrag von NS-Abwehrchef Wilhelm Canaris von Berlin nach Meggen am Vierwaltstättersee gezogen war. Er betätigte sich dort, wie der schweizerische Nachrichtendienst schon damals vermutete, als Verwalter von in der Schweiz angelegten Geheimfonds der deutschen Abwehr.

"China-Klein" habe zu Kriegsende über ein Restvermögen der Abwehr von bis zu 250 Millionen Franken verfügt, wollte der militärische Nachrichtendienst in der Schweiz ermittelt haben. Dazu wären noch Fluchtgelder aus Frankreich, die Ruscheweyh in Liechtenstein gehortet hatte, gekommen, die ebenfalls in die treuhänderische Verwaltung von Klein übergingen. Sehr prominente Unionschristen, wie der damalige Adenauer-Vertraute und Finanzberater der westlichen Besatzungsmächte, Robert Pferdmenges, reisten im Jahre 1953 zu "China-Klein", dem Hüter des Millionenschatzes.

Klein und Ruscheweyh waren im internationalen Waffenhandel tätig und wurden von der Schweizer Bundespolizei überwacht. Aus deren Observationsberichten geht hervor, daß von der geheimnisvollen Firma "Octogon Trust", die am 24. Januar 1952 in das liechtensteinische Handelsregister aufgenommen wurde, geschäftliche und nachrichtendienstliche Beziehungen nach Bonn und in alle Welt gingen. Sie erstreckten sich vom Genfer Rüstungskonzern Hispano-Suiza bis zum amerikanischen Waffenhändler E. V. D. Wight und dem nachmaligen Direktor des amerikanischen Geheimdienstes CIA, Allen W. Dulles, der während des II. Weltkrieges in Bern als Stationschef des "Office for Strategic Services" (OSS) Fäden zu Hitlers Gegnern in den Reihen des Abwehrdienstes gesponnen hatte.

Zu dieser Zeit, 1953, herrschte in der Bundesrepublik gerade Wahlkampf. Die Frage der Wiederbewaffnung Deutschlands hatte die politischen Parteien in einen tiefen Zwiespalt gestürzt. Und so hatte sich der amerikanische Geheimdienst dazu entschieden, wie der ehemalige Staatsminister im Auswärtigen Amt, Karl Moersch, erklärte, all diejenigen Parteigruppierungen finanziell zu unterstützen, die bereit waren, für die Wiederbewaffnung einzutreten. Moersch war damals Journalist und Mitglied der FDP, die er in den 60er Jahren im Bundestag vertrat.

Dem damaligen Oppositionspolitiker Moersch war zugetragen worden, daß der Sohn des Nachrichtengenerals Oster, Major Achim Oster, vom Bundeskanzleramt beauftragt worden war, mit Hilfe von Ruscheweyhs "Octogon Trust" ein Milliarden-Panzergeschäft mit Hispano-Suiza abzuwickeln, das von Adenauers Kanzleramtschef Dr. Otto Lenz arrangiert worden war. Im Sommer 1956 hatte der Bonner Verteidigungs- und Haushaltsauschuß eine Vorlage für die Beschaffung von 10.000 Schützenpanzern vom Typ HS30 im Auftragswert von 2,78 Milliarden Mark gutgeheißen, die in Genf bei Hispano-Suiza geordert wurden.

Aufgrund eines Pappmodells des Panzers wurde ein Vorvertrag abgeschlossen und sogleich eine Anzahlung von 254 Millionen Mark geleistet. Dieser Vertrag war von Lenz, Generalmajor Oster, dem späteren Chef des Militärischen Abwehrdienstes (MAD) und Hispano-Suiza-Vertreter Conrado José Kraémer alias Kurt Kraemer, der außerdem für den BND tätig war, ausgehandelt worden. Doch das Panzergeschäft war ein Fiasko. Wegen erheblicher Konstruktionsmängel mußte der Schützenpanzer mehrfach umgebaut werden. Am Ende wurden schließlich nur knapp über 2.000 Einheiten aus deutscher und britischer Fertigung geliefert.

Der Bundesregierung entstand ein Verlust von 200 Millionen Mark. Auf der Gewinnerseite standen die Herren des "Octogon Trust", die angeblich Provisionen von bis zu 30 Millionen Mark eingesteckt hatten, wie Ex-Staatssekretär Karl Moersch glaubt. Moersch, der 1966/67 im parlamentarischen Untersuchungsausschuß saß, der die Hintergründe der Panzer-Affäre zu ergründen suchte, hält es für möglich, daß diese Millionensummen bei den beiden Zürcher Bankinstituten "Julius Bär" und "Von Tobel" deponiert worden sind.

Unter den 130 Zeugen, die vom Ausschuß gehört wurden, befand sich auch der ehemalige Luzerner Nachrichtendienstler Paul Schaufelberger. Der hatte dem damaligen bundesdeutschen Verteidigungsminister Franz Josef Strauß die Aufwartung gemacht, um ihn vor den undurchsichtigen Machenschaften der "Octogon"-Leute zu warnen und um ihn bei einer allfälligen Strafuntersuchung die Bereitschaft der Schweizer Behörden zu signalisieren, Rechtshilfe zu leisten.

Doch Strauß machte von Schaufelbergers Angebot keinen Gebrauch. Im Gegenteil, er bestritt, daß ihm der Schweizer Geheimdienstmann jemals ein solches Hilfsangebot unterbreitet hatte, und ließ die Meldung verbreiten, Schaufelberger habe sich als Lobbyist für die im Panzergeschäft rivalisierenden Konkurrenten von Hispano-Suiza betätigt. Mehr noch, eine Liste mit mehr als einem Dutzend Namen von Personen, die angeblich von Hispano-Suiza Schmiergeldzahlungen erhalten hätten, verschwand plötzlich. Die Liste, die der britische Militärattaché in Bern, Colonel Freyer, ausgearbeitet hatte, war Strauß im Oktober 1958 vom ehemaligen Reichsminister Gottfried Treviranus anläßlich des Besuches des britischen Premiers McMillan überreicht worden.

Auch CDU-Gründungsmitlied Dr. Werner Plappert, ein vehementer Kritiker des Panzergeschäfts, erklärte gegenüber der Zeitschrift "deutsches panorama": "Andeutungen, die mir in der Schweiz gemacht worden waren, und zwar im Zusammenhang mit der Lieferung von hundert Geschützen, die der Octogon Trust für den Bundesgrenzschutz besorgt hatte, weckten bei mir den ersten Verdacht: Es hieß, fünf Prozent der Kaufsumme seien in die Bundesrepublik zurückgeflossen, und zwar an Beamte und CDU-Politiker."

Plappert, der den Fall mit Schaufelberger, dem schweizerischen Polizeichef Dr. Fritz Dick und dem Bundesanwalt Dr. Hans Fürst 1959 in Luzern eingehend besprochen hatte, ließ die Angelegenheit nicht auf sich beruhen. Im Sommer 1965 ließ er Bundeskanzler Ludwig Erhard zwei Briefe zustellen, in denen er behauptete, daß das HS30-Panzergeschäft der CDU insgesamt "eine Wahlhilfe von ca. 50 Millionen DM" eingebracht habe.

Plappert wurde in Bonn zur Unperson, auch seine wirtschaftliche Situation verschlechterte sich dramatisch. Drei Jahre nachdem er vom Untersuchungsausschuß gehört worden war, steckte er sich einen schweren Drehstock in den Mantel und sprang bei Überlingen in den Bodensee: Seine Leiche wurde im März 1970 nach einer mehrwöchigen Suchaktion entdeckt. Dem "Südkurier" war eine Art Abschiedsbrief zugespielt worden, in dem es hieß, er scheide aus dem Leben, weil sein "20jähriger Kampf gegen die Herrschaftsclique in der Bundesrepublik" keinen Erfolg gehabt habe.

Auch Lenz, der den Panzerdeal eingefädelt hatte, verstarb unter ungewöhnlichen Umständen. Es kursierte die Vermutung, er sei vergiftet worden. Im offiziellen Totenschein heißt es, daß er an einer "bösartigen Malaria" und einer "akuten Harnvergiftung" gestorben sei. An seiner Statt wurde seine Sekretärin und Mitarbeiterin des BND, Maria Clerc, alias Effie von Horn, alias von Dattendorfer, von Untersuchungsausschußmitglied Karl Moersch auf neutralem Boden in Österreich einvernommen. Sie hatte sich ins Kufstein zurückgezogen, aus Furcht, in Deutschland verhaftet zu werden.

In einer eidesstattlichen Erklärung, erklärte sie: "... ich habe Herrn Dr. Otto Lenz häufiger auf Reisen nach Paris und Genf begleitet. Dort traf Herr Dr. Lenz u. a. in Genf Herrn Kraémer von der Hispano-Suiza und Herrn Guisan, den Sohn des Generals Guisan, in Paris Herrn Robinson, einen Bankier aus Tanger und Vermögensverwalter der Lady Mosley, geborenen Guiness, sowie Herrn Marc Bloch, der mir als Waffenhändler bekannt ist. Was besprochen wurde, weiß ich nicht. Ich weiß jedoch, daß Herr Robinson 1956 eine größere Geldsumme für den Wahlkampffonds der CDU gestiftet hat ..."

"Frau von Dattendorfer, oder wie immer sie hieß", bestätigt der ehemalige "Stern"-Reporter Sepp Edelseder, "fand seither keine Ruhe mehr. Ständig wechselte sie ihre Wohnadresse. Sie war, man kann es nicht anders sagen, auf der Flucht." Ebelseder kannte sie von der Begegnung in Kufstein und hatte seither mit ihr regelmäßig korrespondiert. Doch zwei, drei Jahre später blieb die Post aus. Sie hatte sich, wie Ebelseder erfahren mußte, etwa zur gleichen Zeit wie Dr. Plappert das Leben genommen.

Woher die Millionen des "Octogon Trust" eigentlich genau stammten und vor allem, wohin sie transferiert worden sind, konnte der Untersuchungsausschuß in Bonn nie wirklich klären. Zu viele wichtige Zeugen durften oder konnten nicht gehört werden. Seither wird "geschwiegen und verschwiegen", wie CDU-Vorstandsmitglied Heiner Geissler unlängst sein Leid klagte. Vielleicht kann CDU-Wirtschaftsprüfer Horst Weyrauch ein wenig Licht in die Affäre bringen.

Georg Hodel schrieb in KONKRET 4 / 88 über die Karriere von Manuel Noriega

Georg Hodel

Woher stammen die Nazi-Millionen?

Rudolf Ruscheweyh und Hans Klein sind von der Schweizer Bundespolizei nicht nur wegen des Panzergeschäfts observiert worden. Sie standen auch im Verdacht, im großen Stil Nazivermögen verschoben zu haben.

Rudolf Ruscheweyh beschaffte als Mittelsmann schwere Feldkanonen und Munition für das Oberkommando der Wehrmacht. Als Entgelt strich er Provisionen von über 10 Millionen Franken ein. Außerdem schleuste er Gold- und Devisenschätze des französischen Nazi-Kollaborationsregimes von Pierre Laval nach Liechtenstein. Nach dem Zusammenbruch von Vichy-Frankreich versuchte Ruscheweyh, Premier Laval über die Schweizer Grenze in Sicherheit zu bringen. Der Plan mißlang jedoch, und nach der Verhaftung durch die Alliierten wurde Laval in Paris vor ein Militärgericht gestellt und standrechtlich erschossen. Eine vertrauliche Aktennotiz der schweizerischen Bundesanwaltschaft belegt, daß gegen Ruscheweyh auch eine polizeiliche Untersuchung betreffend der Verschiebung von Nazigeldern eingeleitet worden war.

Hans Klein wurde ebenfalls überwacht. Entsprechend informierte der damalige Chef der Bundespolizei, Werner Balsiger, im Juli 1953 seinen Vorgesetzten, Bundesrat Dr. Markus Feldmann. Die Schweizerische Verrechnungsstelle (SVSt), welche die Geldflüsse zwischen Nazideutschland und der Schweiz überwachte, hatte wegen angeblicher "Vermögensverschiebungen zugunsten deutscher Staatsangehöriger" gegen Klein ermittelt.

Kleins Safe bei der Kreditanstalt in Luzern war im Zuge der Observierung geöffnet und ein Verzeichnis der gefundenen Dokumente und Wertschriften erstellt worden. Die Behörden stießen dabei auf ein versiegeltes Bündel von Schweizer Banknoten im Werte von 27.000 Franken, das dem ehemaligen Reichsbankpräsidenten Hjalmar Schacht gehörte und dort wohl als Notgroschen deponiert worden war. Auch befand sich unter den Dokumenten ein Schriftwechsel über zahlreiche Devisentransfers im Auftrag des ehemaligen Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß sowie über Bewegungen auf einem Geheimkonto der Abwehr bei der Bank für Anlagewerte in Zürich, für das Heß' Schwager Edgar Horn und Ex-Nationalrat Emil Duft zeichnungsberechtigt waren. Gemäß Bundesanwaltschaft habe Klein "einen Fonds von angeblich 250 Millionen Schweizer Franken, wobei es sich um ehemalige, nach Kriegsende nicht abgelieferte deutsche Abwehrgelder in der Schweiz handle", verwaltet.


Dernière édition par 6clopes le Dim 31 Jan - 20:46, édité 3 fois

6clopes

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Message par 6clopes Lun 28 Déc - 0:09

http://www.kokhavivpublications.com/kuckuck/review/bd01_194.html

Nachzulesen im Sammelband:
Horst Lummert in kuckuck (kulikri)
1973 bis 2000 & unveröffentlichte Texte aus 40 Jahren Wüste. Die vielsandigen Vordenklichkeiten des Avram Kokhaviv.
Band 1. Die proletarischen Anfänge
Herausgegeben von Alexander Becker / Baraq Kokhaviv
© 2000 kokhaviv publications
1971-00-00

Horst Lummert

Getarnter Nationalsozialismus in der Bundesrepublik D.

Wer in der Bundesrepublik an das Gespenst eines Militärputsches denkt, denkt dies gewöhnlich in Verbindung mit Strauß und Kumpanen.
Angenommen, die Gefahr eines Staatsstreichs drohe gerade auch aus Kreisen erbitterter Strauß-Feinde. Angenommen, ein solcher Coup sei seit Jahren geplant und mittlerweile bis ins Detail vorbereitet...
...es wäre im Zuge der Untersuchung vielleicht der Aufklärung wert, welcher Nachrichtendienst der Bundesrepublik es für zweckmäßig gehalten hat, mit dem Spiegel zu arbeiten, und welcher es für zweckmäßig gehalten hat, gegen ihn zu arbeiten...,
meinte in der Bundestagsdebatte vom 7. November 1962 der FDP-Abgeordnete Wolfgang Döring aus Anlaß der sogenannten Spiegel-Affäre.
Ich bin heute noch nicht bereit, hier darüber zu sprechen, welche Bemühungen ich persönlich angestellt habe, um einen auch mir unerträglich erscheinenden Kampf zwischen zwei Institutionen abzumildern oder beseitigen zu helfen. Ich werde vielleicht gezwungen sein, eines Tages hier darüber zu sprechen...
Sprach's - und starb kurz darauf an einem Herzanfall.
Ob Wolfgang Döring sterben mußte, weil er schon zuviel gesagt hatte, wissen wir nicht. Doch seit der Veröffentlichung der Spiegel-Serie Pullach intern kennen wir die Namen der zwei Nachrichtendienste: es sind der Militärische Abschirmdienst (MAD), dessen Strauß sich bediente, und der Bundesnachrichtendienst (BND) des mittlerweile aus dem Amt geschiedenen Generals Reinhard Gehlen.
Mit dem Nacht- und Nebel-Akt der Bundesanwaltschaft gegen die Spiegel-Redaktion im Jahre 1962 erreichte die schwere Auseinandersetzung zwischen Strauß und Gehlen ihren damaligen Höhepunkt.
Doch irgendwann und irgendwie hatte dieser Kampf, diese eigentliche Affäre, den Weg in die Öffentlichkeit genommen. Da war die Sache mit dem FIBAG-Skandal.
Erinnert man sich noch der Verhaftung des Fibag-Zeugen Herrschaft, der wieder auf freien Fuß gesetzt wurde und gegen den Anklage nicht erhoben ist?
fragte Rudolf Augstein aus der Untersuchungshaft (Spiegel vom 14.11.62).
Ja, man erinnerte sich dessen, genauso wie es der Spiegel berichtet hatte, im selben Sinne, wie es Augstein nun tat, nämlich als eines der zahllosen Indizien gegen Franz Josef Strauß. War Augstein völlig ahnungslos? Man muß es wohl glauben.
Aus der politischen Gegenecke schrieb Strauß-Kamerad Hans Kapfinger in seiner Passauer Neuen Presse: daß
wir die enge Verfilzung kennen, die der Spiegel mit gewissen SPD- und FDP-Kreisen zustande gebracht hat... Es geht nicht allein um den Spiegel. Womit wir es zu tun haben, ist eine Meute, eine geschlossene Phalanx der politischen Verleumdung, der Unterminierung. Sie sind immer und überall (dabei), geht es nun um die aufgeblasene Fibag-Affäre oder um den Fall Spiegel.
Eine Serie von Enthüllungen ging dem voraus; in die Fibag-Affäre war Hans Kapfinger selbst arg verwickelt. Bereits im Februar 1962 hatte ein Gericht festgestellt:
Die Glaubwürdigkeit Dr. Kapfingers ist auf ein Minimum zusammengeschmolzen.
Im November gab es in der Bundesrepublik kaum einen ernstzunehmenden Menschen, der dem Kapfinger auch nur ein Wort für wahr abgenommen hätte. Kapfinger & Strauß sahen ohnehin nur noch rot: Ostkontakte, Staatsgefährdung, Landesverrat.
Die Spiegel-Serie Pullach intern läßt es ratsam erscheinen, sich jener Vorgänge noch einmal genau zu erinnern.
Der Spiegel, einst selber hart am Fibag-Ball, schreibt in seiner Ausgabe vom 28. Juni 1971, aus nunmehr gewonnener Distanz:
Hans Kapfinger, Verleger in Passau und Intimus von Franz Josef Strauß, war 1960 speziell in dieser Eigenschaft von einigen Geschäftemachern zum Kompagnon der Fibag-Gesellschaft ernannt worden. Der Passauer sollte seinen Spezi - damals Bundesverteidigungsminister - dazu bewegen, ein abenteuerliches 300-Millionen-Bauprojekt für die amerikanischen Besatzer in der Bundesrepublik zu fördern.
Kapfinger bewegte und Strauß förderte, aber die Fibag scheiterte trotzdem. Hinterher erinnerten sich zwei Teilhaber daran, wie der Verleger, der ohne eigenes finanzielles Engagement mit 25 Prozent an der Fibag bedacht worden war, der Hälfte dieses Viertels nachtrauerte: Schade nur, so Kapfinger am 13. April 1960 vor seinen Partnern, daß er mit ihm teilen müsse.
Nach einer Schilderung von Bernt Engelmann in Paczenskys einstigem Halbmonatsmagazin deutsches panorama hatte eine bis dahin unbekannte Firma, die Finanz-Bau AG, kurz: FIBAG, dem Münchener Wirtschaftsberater Hans Herrschaft das lukrative Angebot gemacht, für sie als General-Makler die für das 300-Millionen-Projekt erforderlichen Grundstückstransaktionen durchzuführen.
Hans Herrschaft, damals 40 Jahre alt und als heimatvertriebener Banat-Deutscher nicht eben auf Rosen gebettet,
war begeistert von der Offerte.
Daß man gerade auf ihn verfallen war, schrieb er seinem Fleiß, seiner Rührigkeit und seinen guten Beziehungen zu...
Der Vertrag war vorbereitet. Hans Herrschaft
sollten rund 1,6 Millionen DM zur Verfügung gestellt werden, zu etwa zwei Dritteln zur Deckung der im Rahmen seiner künftigen Tätigkeit anfallenden Auslagen und Spesen, zu mindestens einem Drittel als Honorar.
Das war im Sommer 1960.
Indes:
Hans Herrschaft dachte nicht allein ans Geldverdienen; er nahm auch leidenschaftlich Anteil am politischen Geschehen. Und er gehörte zu denen, die die ehrgeizigen Pläne des Franz Josef Strauß, sein militärpolitisches Konzept und vor allem sein Streben nach Atom-Macht mit wachsender Sorge verfolgten.
Kurz und gut: Herrschaft sagte "seinen sechsstelligen Honoraren Adieu, verständigte die Presse und packte aus". Er informierte den Spiegel; informierte den inzwischen verstorbenen Mitherausgeber von Süddeutscher und Münchener Abendzeitung, Werner Friedmann; den Herausgeber der Frankfurter Rundschau, Karl Gerold; dessen derzeitigen innenpolitischen Redakteur, Conrad Ahlers; schließlich den Herausgeber der in Hamburg erscheinenden Wochenschrift Neue Politik.
Gert von Paczensky, damals noch beim Fernsehen, befaßte sich in seinen Panorama-Sendungen mit der Sache. Der Rundfunk berichtete darüber. Erich Kuby und Otto von Loewenstern übten scharfe Kritik.
Am 10. April 1962 erschien Hans Herrschaft zur Zeugenvernehmung vor dem Fibag-Untersuchungsausschuß des Bundestages. Am 16. April wurde er in seiner Münchener Wohnung verhaftet; wie es hieß: wegen Staatsgefährdung.
Schon am 5. März hatte Franz Josef Strauß im Verlauf einer Pressekonferenz in Nürnberg den Hans Herrschaft als "einen Herrn mit seltsamen Ostkontakten" und als "Drahtzieher" bezeichnet. Herrschaft erstattete Strafanzeige wegen Verleumdung; das Bundestagsplenum lehnte indessen die Aufhebung von Straußens Immunität mit knapper Mehrheit ab.
Am 11. Mai 1962 wurde Hans Herrschaft aus der Untersuchungshaft entlassen. Die Sache verlief im Sande, genau wie die Fibag-Affäre selbst.
Engelmann schreibt:
Bis zum Tage der Verhaftung hatten nämlich die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft nur ein einziges, die Blätter 2 bis 9 umfassendes Protokoll enthalten, das jedoch einen in der Geschichte der Strafjustiz zivilisierter Völker wohl einmaligen Mangel hatte: Es war weder vom Vernommenen noch vom Vernehmenden unterschrieben; es verschwieg sogar sorgsam deren Namen, ja, es enthielt nicht einmal die Bezeichnung der vernehmenden Behörde, sondern nur am Kopf des ersten Blattes die geheimnisvolle Chiffre L II G ... Böse Zungen behaupteten später, hinter diesem Geheimzeichen hätte sich der MAD, der Militärische Abschirm-Dienst, verborgen, dessen Dienstherr damals Franz-Josef Strauß gewesen ist.
Die Gegenseite war nicht müde und brachte, eigens für die Auseinandersetzung mit der Spiegel-Partei, ein neues Nachrichtenmagazin heraus: aktuell, dem freilich weder Publizität noch Popularität des Spiegel beschieden war; es stellte sein Erscheinen im September 1962, nach fast genau einem Jahr, wieder ein - wie übrigens auch Paczenskys deutsches panorama, vier, fünf Jahre darauf, sich nur insgesamt sechzehn Monate auf dem Zeitschriftenmarkt halten konnte.
In Kapfingers aktuell sind ein paar interessante Daten nachzulesen, die Engelmann in seinem panorama-Bericht nicht erwähnt, die indessen heute allgemeine und besondere Aufmerksamkeit heischen. Die Angaben des CSU-Magazins sind nachprüfbar; es gingen bei aktuell seinerzeit Berichtigungsverlangen ein, die Korrekturen sind veröffentlicht worden.
Da heißt es in der Ausgabe 18 vom 5. Mai 1962 zur Person des Fibag-Zeugen:
Exporteur Herrschaft, ehedem SD-Mitarbeiter im Stabe Ohlendorff, ist 1919 in Guttenbrunn im rumänischen Banat geborenen. Herzliche Bande pflegte ... Herrschaft ... auch mit einem Geheimdienstmann namens Slavec aus Graz ... Herrschaft wurde mit ihm durch seinen SS-Gefährten Walter Truger bekannt, der nach 1945 zusammen mit Adolf Slavec in Österreich eine nationale demokratische Partei gründete ... Nationale Liga ... Enge Verbindung pflegte der Herrschaft Hans schließlich mit dem im bayerischen Gauting beheimateten Rudolf Steidl, dem Herausgeber der inzwischen verbotenen Wochenschrift Nation ... Ebensogut waren Herrschafts Kontakte zum Ex-KZ-Kommandanten Hermann Schaefer...
Und in der Ausgabe 27 vom 7.7.62:
Hans Herrschaft, weiland SS-Führer im Reichssicherheitshauptamt...
...begann sich für die Volkstumsarbeit zu interessieren - insbesondere im Zusammenhang mit der Umsiedlung aller Deutschen von jenseits der Grenzen "heim ins Reich". Mit diesem Komplex beschäftigten sich damals eine Reihe von NS-Dienststellen, in erster Linie das Rasse- und Siedlungshauptamt der SS (RSHA), das Reichssicherheitshauptamt (im Unterschied zum RSHA kurz SD-Hauptamt genannt) (?! - H.L.) und die Volksdeutsche Mittelstelle. Herrschaft fand zunächst als SS-Untersturmführer im Reichssicherheitshauptamt Verwendung, wo er nach seiner eigenen Angabe die "internen Einblicke" in das SD-Getriebe bekam: "Wenn ich wollte, könnte ich Dutzende von Politikern erledigen, die damals die schuftigsten Spitzeldienste für uns im SD leisteten, heute aber ganz vorn stehen..."
Der Publizist Hans Frederik in aktuell 21 vom 26.5.62:
... stellte mir Herrschaft Belastungsmaterial gegen verschiedene ehemalige SD-Leute, heute in Amt und Würden, in Aussicht, um damit "der nationalen Sache" zu dienen.
aktuell 27 wieder:
Später wurde er zum Rasse- und Siedlungshauptamt versetzt und erlebte hier, - inzwischen zum SS-Sturmbannführer befördert - das Kriegsende.
In puncto nazistischer Vergangenheit berichtigte Hans Herrschaft in aktuell 29 vom 21.7.62:
Die Behauptung, daß ich später zum Rassen- und Siedlungshauptamt versetzt worden sei und hier - inzwischen zum SS-Sturmbannführer befördert - das Kriegsende erlebt hätte, ist in jedem Punkt unrichtig. Ich wurde weder jemals zum Rassen- und Siedlungshauptamt versetzt, noch jemals zum SS-Sturmbannführer befördert. Das Kriegsende erlebte ich nach dem von mir mitgemachten Balkanrückzug in Österreich.
Dazu aktuell:
Wir berichtigen: Hans Herrschaft gehörte nach unseren Informationen der Volks-Mittelstelle (wohl ein Setzfehler; es muß wieder heißen: Volksdeutsche Mittelstelle - H.L.) an, deren vorgesetzte Dienststelle das SS-Rasse- und Siedlungshauptamt war. Er besaß den (nichtmilitärischen) Rang eines Untersturmführers. Nach unserer Information befand sich Hans Herrschaft 1944 noch in Berlin und war dort zeitweise dem SD im Reichssicherheitshauptamt zugeteilt.
Herrschaft:
Die wörtlich zitierte, angeblich aus meinem Mund stammende Äußerung: "Wenn ich wollte, könnte ich Dutzende von Politikern erledigen, die damals die schuftigsten Spitzeldienste für uns im SD leisteten, heute aber ganz vorn stehen...", ist von mir nie in diesem Wortlaut und Sinn gebraucht worden.
Hierzu wiederum aktuell:
Wir berichtigen nicht, da Hans Herrschaft diese Äußerung sinngemäß vor Zeugen gemacht hat. Nachweis kann erbracht werden.
Was übrigbleibt bzw. nicht "berichtigt" worden ist: Des Fibag-Zeugen Hans Herrschaft SS-Mitgliedschaft; SD-Mitarbeit; Tätigkeit im Reichssicherheitshauptamt; Rang eines (nichtmilitärischen!) SS-Untersturmführers; Beschäftigung mit Volkstumsarbeit, mit der sich vornehmlich das Rasse- und Siedlungshauptamt der SS, das SD-Hauptamt, die Volksdeutsche Mittelstelle befaßten (Herrschaft bestreitet seine Versetzung ins RSHA; was einleuchtet, da er als Mitarbeiter der Volksdeutschen Mittelstelle ohnehin dem Rasse- und Siedlungshauptamt der SS unterstand); Kontakte zu dem ehemaligen KZ-Kommandanten Hermann Schaefer; Geheimdienst-Kontakte.
Gewiß, gewiß, das Kapfinger-Blatt brachte diese Kontakte seinerzeit mit dem Osten in Zusammenhang; aber Herrschaft wurde schließlich aus der Haft entlassen, das Verfahren später sang- und klanglos eingestellt - wäre das denkbar bei staatsgefährdenden Ostkontakten, falls sie wirklich bestanden hätten? Kaum. Kontakte zu Geheimdienst-Leuten hat Herrschaft indessen nicht berichtigt.
Frage: Haben diese Kontakte zu Gehlens BND geführt? Hat auch in der Fibag-Sache der BND-Klüngel mitgedreht? Es würde mit einem Schlage erklären, was es z.B. mit jenem, von Engelmann erwähnten, mysteriösen Vernehmungsprotokoll auf sich hatte - dem ohne Namen und Unterschrift und mit der "geheimnisvollen Chiffre L II G", von dem "böse Zungen behaupteten..., hinter diesem Geheimzeichen hätte sich der MAD, der Militärische Abschirm-Dienst, verborgen..."
Das würde weder Strauß noch Kapfinger reinwaschen. Hier wird nicht angezweifelt, daß da ein Korruptionsfall vorlag. Aber die Motive hinter der Bloßlegung der Fibag-Affäre, wie noch ähnlicher Korruptionsgeschichten; inweit da lediglich geschäftliche Dinge ins Politische hineinreichten, oder aber doch machtpolitische Motive zu dieser oder jener kommerziellen Rührigkeit bewogen - das alles heute genauer zu ergründen, besteht ein berechtigtes Interesse, denke ich.
Dem Wirtschaftsberater Hans Herrschaft ging damals immerhin ein halbes Milliönchen durch die Lappen. Darf man anderseits, nachdem seine NS-Vergangenheit ein wenig offenliegt, ihn gleichwohl als ehrsamen Demokraten einschätzen, dessen politisches Gemüt es einfach nicht hat mitansehen können, wie da in Bayern die Demokratie verscherbelt wurde?
Als die Bundesregierung der frühen fünfziger Jahre die westdeutsche Wiederaufrüstung vorbereitete, tat sie sich, zwecks Regelung der finanziellen Belange, mit dem in Liechtenstein ansässigen Octogon Trust zusammen.
Dieser Trust wurde von dem ehemaligen Abwehragenten Rudolf Ruscheweyh gemanagt.
Hohe Beamte des Finanzministeriums, Waffen- und Sicherheitsexperten des Bundeskanzleramts, darunter der spätere General und Militärattaché in Madrid, Achim Oster, der in der Spiegel-Affäre den Conrad Ahlers samt Eheweib aus den spanischen Betten holen läßt, verhandelten mit Octogon. Nicht zu vergessen: der Adenauer-Freund und Bankier Robert Pferdmenges.
Und welche Rolle spielte Dr. Hjalmar Schacht, einst Schrittmacher Hitlers und Reichswirtschaftsminister, bei der Abwicklung der geheimnisvollen Geschäfte?
forscht Bernt Engelmann weiter im deutschen panorama (7).
Waren sie alle nur mit der Vorbereitung der HS-30-Lieferungen befaßt - oder ging es um noch weit mehr und weit Wichtigeres als Kanonen und Schützenpanzer?
Wir kommen hier immer wieder auf Bernt Engelmann zurück, der sich in dieser Materie erstaunlich gut auskennt; und auf das panorama-Magazin - weil es womöglich den Schlüssel liefert für weitere Eröffnungen. Doch zunächst:
Es ging um ehemaliges deutsches Reichsvermögen in Höhe von etwa 250 Millionen Dollar, das sind rund 1 Milliarde Mark. Diesen Schatz hatte ein gewisser Generalkonsul Hans Klein, neben Ruscheweyh einer der Gesellschafter des Octogon Trust, übers Kriegsende gerettet.
Hans Klein war ehemaliger Berater und Waffenlieferant Tschiang Kai-sheks und früherer chinesischer Generalkonsul in Genf.
Nicht so sehr die Höhe der Summe und was damit geschah - hier ist vor allem von Belang: die Herkunft dieser Milliarde, die im Hintergrund einiger BRD-Affären zu schlummern scheint.
China-Klein hatte einen einflußreichen Verwandten, seinen Schwager: den seit 1934 als Chef der deutschen Militärberater in China tätigen General von Seeckt (dessen Nachfolger, von Seeckt starb 1936, der General von Falkenhausen wurde).
General von Seeckt hatte seinen Schwager Hans Klein frühzeitig mit reichen, mächtigen chinesischen Familien, mit maßgebenden Militärs und Wirtschaftsführern des Tschiang-Kai-shek-Regimes, nicht zuletzt mit dem Generalissimus selbst bekannt gemacht. Diese zum Teil freundschaftlichen Beziehungen kamen dem Hitler-Staat zugute.
Damals macht Klein den Rüstungsverantwortlichen des Dritten Reiches, in erster Linie dem Reichswirtschaftsminister und Rüstungskommissar Dr. Hjalmar Schacht den Vorschlag, sämtliche ausgedienten Waffen und Ausrüstungsgegenstände der sich modernisierenden NS-Wehrmacht an China zu verkaufen und dafür aus dem Reich der Mitte Rohstoffe zu beziehen. Dieser Vorschlag wird angenommen.
Engelmann schreibt:
Im Zweiten Weltkrieg, der bald darauf ausbrach, wurde Hans Klein für die deutsche Führung eher noch wichtiger als zuvor. Seine chinesischen Verbindungen waren - buchstäblich - Gold wert, einmal für weitere, nun allerdings weitaus schwierigere Rohstoffimporte aus dem Fernen Osten, zum anderen für die Auslandsspionage.
Klein erhielt die chinesische Staatsbürgerschaft und ging als Chinas Generalkonsul in die neutrale Schweiz.
Er hielt engen Kontakt zur deutschen militärischen Abwehr des Admirals Canaris, und er wurde vor allem bald eine Art Bankier, sowohl des chinesischen Marschalls wie des deutschen Abwehr-Admirals.
Kurz vor dem 20. Juli 1944 ließ Canaris alle verfügbaren Gold- und Devisenbestände der Abwehr zu Generalkonsul Klein in die Schweiz schaffen. Deutsche und französische Fluchtgelder kamen hinzu. Auf dem Umweg über den langjährigen deutschen Führungsoffizier und Abwehr-Mann Rudolf Ruscheweyh, der später jenen Octogon Trust gründet, dessen Geschäfte schließlich den HS-30-Kauf mit anschließendem Skandal einleiten sollen - über diesen Canaris-Mann Ruscheweyh ließ auch der mit Hitler kollaborierende französische Ministerpräsident Laval bei Klein in der Schweiz ein Riesenvermögen deponieren.
Weitere Zugänge: Wertpapiere, Geheimdokumente, Patentschriften, diplomatische Akten, Gold.
Wie es heißt, ließ auch die deutsche Gesandtschaft in Bern eine Anzahl Kisten mit Goldbarren und -münzen in die Tresore des nationalchinesischen Generalkonsuls schaffen.
Mit dem Sieg der Revolution waren zudem die chinesischen Fluchtgelder sprunghaft angestiegen.
Die Summe allein deutschen Ursprungs: 1 Milliarde Mark, jene 250 Millionen Dollar.
Für die Schweiz handelte es sich offiziell alles in allem um nationalchinesisches Vermögen,
obwohl man natürlich genau wußte, woher die riesigen Summen in Wirklichkeit stammten.
Starke Interessengruppen rangelten um diese Vermögenswerte. Eile war geboten.
Das lebhafte Interesse einer fremden Großmacht war durch den - seltsamerweise in die Hände der Bundesregierung geratenen - Bericht eines Offiziers des wirtschaftlichen Nachrichtendienstes jener Großmacht, der unter der Code-Bezeichnung F 44 in der Schweiz arbeitete, erwacht.
Man mag jetzt rätseln, welche Großmacht das war. In dem Bericht ihres Nachrichtenoffiziers F 44 - wer hatte das nur wieder der Bundesregierung zugespielt? - stand jedenfalls zu lesen:
Zwischen Klein und Pferdmenges ist eine Übereinkunft dahingehend erzielt worden, daß mit Hilfe der bei Klein deponierten rund 250 Millionen Dollar zunächst Sperrmark aufgekauft werden sollen, die in Zürich sehr billig zu haben sind.
Im Laufe des Jahres 1953 stieg denn auch der Sperrmarkkurs stetig an.
Wem diese Manipulationen nützten, ist klar (unter anderm soll vom Ertrag der spätere CDU-Wahlkampf bestritten worden sein).
Wem nützte die Veröffentlichung? Ja, zunächst der Demokratie, jedenfalls auf den ersten Blick. Aber nun taucht, wie beim Fall Fibag, wieder die Frage nach den Motiven auf. Engelmann hat offensichtlich Kenntnis von Dingen, die normalerweise nicht ohne weiteres zugänglich sind. Wer immer ihm die verarbeiteten Informationen gegeben haben mag, und wo immer sein Informant diese Informationen herhaben mochte: es bleibt die Frage, ob - ähnlich wie beim Spiegel - ein Publikationsorgan für machtpolitische Zwecke eingespannt war, von denen sich die Redakteure nichts träumen ließen, während sie glaubten, einer demokratischen Öffentlichkeit zu dienen.
deutsches panorama kam 1966 heraus und ging 1967 wieder ein. Im letzten Heft schrieb der Chefredakteur Gert von Paczensky an seine Leser:
Wenigstens haben wir die Genugtuung, zur politischen Diskussion in Deutschland Informationen, Meinungen und Interpretationen beigesteuert zu haben, die man anderswo gar nicht oder nur schwer finden konnte.
Es kam, wie es kommen mußte.
Und zum Abschied kann deutsches panorama wohl kaum etwas Nützlicheres tun, als Ihnen eine sehr interessante politische, mutige, unkonformistische Wochenschrift zu empfehlen, die Sie in manchem an uns erinnern wird: Neue Politik, Hamburg 20...
Diese "sehr interessante politische, mutige, unkonformistische Wochenschrift", die denn auch sämtliche panorama-Abonnenten übernahm, ist das publizistische Abbild ihres Herausgebers und Chefredakteurs Wolf Schenke.
Neue Politik ...
Wolf Schenke spielte auch in der Fibag-Affäre eine Rolle, was der großen Mehrzahl der Bundesbürger allerdings verborgen geblieben ist. Die Strauß-Kapfinger-Partei wußte aber offenbar ganz gut, was sie diesem Mann in Hamburg zu verdanken hatte, sonst hätte sie ihn wohl kaum einen der Hintermänner der Spiegel-Front nennen mögen.
Aber uns interessiert weniger, wie Kapfinger den Schenke einschätzte, als die Rolle, die dem in dieser Sache objektiv zukam.
Schenke stellte in der Fibag-Sache seine Neue Politik zur Verfügung. Er gehörte zu denen, die seinerzeit von Hans Herrschaft die ersten Informationen erhielten. Hans Herrschaft ist seit zehn Jahren Mitarbeiter der Neuen Politik.
Wolf Schenke, Jahrgang 1914, war, nach seinen Worten,
schon in sehr frühen Jahren, nämlich mit 17, ab 1931, Nationalsozialist ... Ich habe nicht den geringsten Grund, meine jugendliche Begeisterung für den Nationalsozialismus... zu verheimlichen.
Nachweislich von 1934 bis 1935 ist er redaktioneller Mitarbeiter des von der Reichsjugendführung herausgegebenen Zentralorgans..., später Führerorgans der nationalsozialistischen Jugend - Wille und Macht.
Im Auftrage der Reichsjugendführung geht Schenke 1935 nach China, wo er sich auch vorübergehend im Tsingtaulager der HJ aufhält. Aus China berichtet er für Wille und Macht noch im Jahre 1936 als Schriftleiter in .... Zu dieser Zeit ist Wolf Schenke Leiter des Hauptreferates Auslandspresse im Auslandsamt der Reichsjugendführung.
Einer der frühesten Hauptschriftleiter von Wille und Macht ist der spätere Obergebietsführer Ost Gotthart Ammerlahn, heute Stellvertretender Chefredakteur der Neuen Politik, zu deren Abonnenten auch der ehemalige Reichsjugendführer Artur Axmann zählt.
Schenkes erstes Buch über China erscheint 1937 im Berliner Stollberg-Verlag. Im selben Jahr geht er zum zweiten Mal nach China, diesmal als Kriegsberichterstatter im chinesisch-japanischen Krieg und Sonderberichterstatter des Völkischen Beobachter, ausgestattet mit Schreiben des Auswärtigen Amtes, der chinesischen und der japanischen Botschaft in Berlin. Alle Türen stehen ihm offen. Tschiang Kai-shek hatte ihm bereits gelegentlich seines ersten China-Besuches eine Fotografie mit handschriftlicher Widmung überreicht.
Schenke schreibt 1940 ein weiteres Buch über seine chinesischen Eindrücke; allgemein nazistische, rassistische, im besonderen antijüdische Elemente treten jetzt stärker in den Vordergrund. Bornierter Nationalismus und Hitler-Begeisterung des Sechsundzwanzigjährigen kennen keine Grenzen - eine Tatsache, die Schenke heute gern bestreitet:
Ich... machte dann aber nach 1933 eine Entwicklung durch, die an Hand des Geschehens in China schließlich zu meinem Bruch mit dem NS-System führte.
Wie immer dem sei: Schenke blieb als Mitarbeiter des Deutschen Nachrichtenbüros (DNB) bis zum Kriegsende und darüber hinaus bis 1947 in China. Zusammen mit NS-Diplomaten und Canaris-Leuten kommt er 1946 in Shanghai vor ein US-Militärgericht - angeklagt, in der Zeit zwischen der deutschen und der japanischen Kapitulation weiterhin Krieg gegen die USA und ihre Verbündeten geführt zu haben. Diese Kriegführung soll laut Anklageschrift darin bestanden haben, daß sie, so Schenke, die Japaner "mit militärisch wichtigen Nachrichten unterstützt hätten" (was Schenke allerdings in Abrede stellt).
Er wird freigesprochen, jedoch weiterhin in Haft gehalten und später repatriiert. In Gesprächen äußert er, für Canaris gearbeitet zu haben; dabei sei er auch in Konspiration ausgebildet worden.
1949 gibt Wolf Schenke in Hamburg eine Korrespondenz heraus: Realpolitik. Damit erreicht er vornehmlich die Heimat- und Regionalpresse - mit Material, das nicht durch die "Umerziehung" der ersten Nachkriegsjahre "gefärbt" ist. Dieser Neubeginn zeigt bereits NS-restaurative Tendenzen.
Als Alternative zur westlichen und östlichen Blockpolitik publiziert er zunächst Vorschläge zu einer national-neutralistischen gesamtdeutschen Lösung.
Parallel dazu gründet er die politische Vereinigung Dritte Front, die einen gleichnamigen Rundbrief herausgibt und 1955/56 wieder eingeht. Schenke beteiligt sich aktiv an zahlreichen Experimenten, die nationale Opposition im Sinne seiner Ambitionen zu koordinieren.
Nebenher ist er schriftstellerisch tätig: China im Sturm - 1949; Neue Weltmacht China - 1957. Ein Jahr zuvor bereist er die Volksrepublik als Sonderkorrespondent der Welt. Ein weiterer Besuch: 1958. Im Jahr darauf erscheint seine antikommunistische Streitschrift Der Anti-Schlamm, worin er dem westlichen Antikommunismus unverhüllt einen deutschen, völkischen, buchstäblich nationalsozialistischen, als Dritten Weg zur Seite beziehungsweise gegenüber stellt. Dieser weltanschauliche Antikommunismus, genauer: Antimarxismus wird ergänzt durch eine Konzeption der außenpolitischen Annäherung an die Sowjetunion. Das Modell der Hitler-Stalin-Verträge hat hier offenbar Pate gestanden.
1957 war in Hamburg die Deutsche China-Gesellschaft gegründet worden. Einer der Gründer: Wolf Schenke. Diese Gesellschaft finanzierte nicht nur seine letzte Chinareise; sie trat zur Messe in Leipzig auf, gab dort 1958 einen Empfang für die chinesische Handelsdelegation; ebenso zwei Monate später, im Mai, auf der Messe in Hannover.
Die Zeitschrift aktuell schrieb - von Schenke, der eine Berichtigung schickte, in diesem Punkt unwidersprochen:
Die Einflußmöglichkeiten sind groß und die entsprechenden Abschirmungen fast unbegrenzt; denn Wolf Schenke wird bereits durch ein gutes Dutzend Bundestagsabgeordneter aller Parteien und ebenso vieler einflußreicher Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die Mitglieder der Gesellschaft sind, zumindest im Rahmen dieses Wirkungskreises sanktioniert.
Zu den Mitgliedern der Deutschen China-Gesellschaft zählte wiederum auch der inzwischen verstorbene Dr. Hjalmar Schacht.
1960 entsteht, gleichsam als Träger weiterer Initiativen, der sogenannte Deutschland-Rat. Motor dieser Gründung: Redaktion und Freundeskreis der Neuen Politik des Wolf Schenke. Auch die Gründung der Vereinigung Deutsche Nationalversammlung e.V. (VDNV) - 1961 - geht auf Bestrebungen des NP- Kreises zurück.
Die Neue Politik entstand 1956. Sie folgte Schenkes national-neutralistischem Programm der Nachkriegszeit. Mit den Jahren scheint sie einen Brückenschlag zu andersorientierten Kreisen anzustreben. Es kommen plötzlich linke Pazifisten zu Wort.
1964 unterstützt die Neue Politik erstmals den Ostermarsch der Atomwaffengegner; Schenke wurde unterdes in den Zentralen Ausschuß der Ostermarschbewegung kooptiert.
Diese scheinbare Öffnung nach links ist zugleich eine Öffnung für neue Leserschichten. 1968 - die außerparlamentarische Bewegung hatte ihren Höhepunkt hinter sich und war in Auflösung begriffen - wandelt die NP ihr Äußeres. Die Titelseite wird modernisiert, das Heft dreispaltig umbrochen und seither im Rotationsverfahren hergestellt.
1965 förderte Wolf Schenke die Gründung der Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher (AUD), die sich, freilich mit geringem Erfolg, auch an Wahlen beteiligt. Durch ihre Teilnahme an APO-Demonstrationen erwarb sich die AUD das Image einer irgendwie links-orientierten Partei; ihr Programm beinhaltet eine Art Mittelstands-Sozialismus und bewegt sich im großen und ganzen auf der vom NP-Kreis entworfenen Linie.
1967 übernimmt Schenkes NP die Abonnenten der ebenfalls als links geltenden, im zweiten Jahrgang entschlafenen Zeitschrift deutsches panorama.
Zur zeitlichen und personellen Orientierung: Der Gründer der AUD ist identisch mit dem 1. Vorsitzenden im ersten Vorstand der VDNV: dem früheren FDP-Bundestagsabgeordneten Hermann Schwann. Schwann ist auch Vorstandsmitglied der Deutschen China-Gesellschaft. Er begleitete Schenke 1956 in die Volksrepublik, wo er bei der Pekinger Regierung ein paar "deutsche aus politischen Gründen Inhaftierte" freibekam.
Schwann ist Mitarbeiter der Neuen Politik. In einem als Leserbrief abgedruckten Beitrag (NP 44 v. 31.10.70) schreibt er:
Als 1961 Wolfgang Döring mich veranlassen wollte, wieder in die FDP zurückzukehren, mit der Parole lockte: Nie wieder Adenauer! und mir versicherte, daß Mende nach der Wahl, durch ein Ministeramt zufriedengestellt, gezwungen würde, den Parteivorsitz niederzulegen, habe ich vor Zeugen wörtlich gesagt: "Du, Wolf, wirst gestorben sein, bevor die FDP auf diese Weise Mende als Parteivorsitzenden los wird." Ich ahnte selbstverständlich nicht, daß mein Ausspruch sich, wie in Wirklichkeit geschehen, erfüllen würde.
1961 wird die Berliner Mauer gebaut; finden Bundestagswahlen statt, die abermals eine CDU/FDP-Regierung nach Bonn bringen; wird die, bis heute kaum bekannte, Vereinigung Deutsche Nationalversammlung (VDNV) ins Leben gerufen. Im Jahr darauf überstürzen sich die Affären von Fibag bis Spiegel.
Nachdem Conrad Ahlers und Ehefrau in Spanien verhaftet worden waren, konnte der Spiegel (v.14.11.62) berichten:
Wegen Amtsanmaßung und Freiheitsberaubung im Amt sind bei deutschen Staatsanwaltschaften unterdessen insgesamt fünf Strafanzeigen gegen Unbekannt eingegangen.
Eine davon hatte Wolf Schenke erstattet:
Ich gebe es zu: nicht Ahlers zuliebe, sondern hauptsächlich, um Strauß nachhaltiger als durch seinen Ministersturz auszuschalten...
(NP 7/70)
...dann begann Schacht - in den Jahren nach 1962 - zu fragen, warum wir denn so energisch gegen Strauß aufträten. Er meinte, man müsse sich im Gegenteil mit ihm verbünden. In einem der Gespräche über dieses Thema fiel von ihm sogar der Satz: "Was wollen Sie denn, der macht eines Tages sogar Ihre Politik." Meine Antwort: "Wenn das zuträfe - und ich halte es bei diesem Opportunisten noch gar nicht für ausgeschlossen -, dann ist das für mich um so mehr ein Grund, mit allen verfügbaren Mitteln dagegen zu kämpfen, daß er jemals Bundeskanzler wird."
(NP 47/7o)
An dieser Stelle möchte ich ein paar persönliche Bemerkungen einfügen, da ich vorübergehend freier Mitarbeiter und später eine Zeitlang Redakteur der Neuen Politik gewesen bin.
Ich lernte das Blatt, etwa 1968, in einer Westberliner linken Buchhandlung kennen, wo es eine Weile auslag und dann wieder verschwand. Später empfahl mir ein Kollege die Mitarbeit an der NP.
Ich ließ mir einige Probeexemplare zusenden - es war 1969 - und gewann den Eindruck von einem gegen die CDU/CSU-Politik gerichteten politischen Kurs, durchwirkt mit sozialen Zielsetzungen. Das konnte ja wohl nur links sein.
Von den früheren Publikationen Schenkes wußte ich nichts, wie ich überhaupt von Schenke eben mal den Namen kannte.
Ich las die gesamtdeutsche Tendenz heraus, die ich, von einem, wie ich glaubte, sozialistischen Standort her, begrüßte.
So ließ sich eine sporadische Mitarbeit an - Ende 1969; ich bezog das Blatt jetzt regelmäßig, wurde dann und wann stutzig, glaubte aber immer noch, ein linkes Blatt vor mir zu haben; etwa die Zeitschrift eines nicht gerade marxistisch ausgebildeten Sozialisten älteren Jahrgangs, der den besten Willen hat, aber es halt nicht besser versteht; die da und dort durchschillernden nationalistischen Töne schrieb ich dem Alter zu. Der Sozialismus machte alles wieder gut. Eine größere Bedeutung maß ich dem Blatt ohnehin nicht bei.
Im Sommer 70, gelegentlich eines kurzen Hamburg-Aufenthalts, besuchte ich Schenke in seinem Büro. Er bot mir unversehens einen Job als Redakteur an; ich überlegte nur kurz, sagte zu - unter der Bedingung, absolut frei schreiben zu können. Am 1. September fing ich an.
Ich lernte jetzt auch die VDNV etwas näher kennen und forderte Schenke eines Tages öffentlich auf, sich von dieser Organisation und ihrer neofaschistischen Politik
sowie allen ihr nahestehenden Personen und Organisationen, wie etwa auch der AUD... öffentlich, unzweideutig und unanzweifelbar zu distanzieren, jegliche Verbindungen zu ihnen unverzüglich abzubrechen, die Vortragsreisen für die VDNV sowie die Veröffentlichung diesbezüglicher VDNV-Anzeigen in der Neuen Politik sofort einzustellen und die Leser der Neuen Politik über die Zusammenhänge und Hintergründe dieser Verbindungen aufzuklären.
Insbesondere den Mitarbeitern, die der Neuen Politik zu ihrem Links-Image verhalfen, sollte Schenke glaubhaft machen, daß sie nicht nur als linke Feigenblätter eine im verborgenen rechtsextreme Politik zu tarnen hätten. Daraufhin wurde ich, am 19. März 71, fristlos gefeuert.
Der Faschismus-Vorwurf gegen die VDNV beruht auf der Lektüre der von ihr regelmäßig herausgegebenen Kontaktbriefe und - insbesondere - eines in der Schriftenreihe der VDNV erschienenen Aufsatzes: Weltanschauliche Grundlagen für die Zukunft, verfaßt von einem Bundesvorstandsmitglied und verantwortlichen VDNV-Kontaktbrief-Redakteur.
Wird die Neue Politik erst "verständlich", wenn man sie ihres demokratischen, ja, linken, sozialistischen Vokabulars entkleidet, so ist in der Weltanschauungs-Schrift - sie umfaßt insgesamt 21 kleinbedruckte DIN-A-4-Seiten - darauf von vornherein verzichtet worden.
Da steht es schwarz auf weiß:
Wir kämpfen für: Eine Entwicklung von Gemeinschaften gleicher Abstammung... Unterstützen Sie diesen gerechten Kampf um Gesundung der Nation und der Welt!
Wen die Sache mit der gleichen Abstammung neugierig gemacht hat, der findet: "Vermischung und Entartung der Völker..."; liest von einer "nur ihren Trieben lebenden archaischen Gesellschaft primitivster Menschen an der Schwelle vom Tierreich (Tiermenschentum)"; von "Bevölkerungskonglomerat"...
Von der
Zerstörung der bisherigen überzeitlichen Ordnungswerte der Kulturmenschheit und profitbringende(m) Appell an menschliche Triebe als geistiger Voraussetzung, einen Weltschmelztiegel für alle Menschen zu schaffen.
Diese allgemeine Vermassung und Nivellierung der Weltbevölkerung wird durch die Umwandlung der nationalen in Verwaltungsgrenzen und die dadurch entstehende Freizügigkeit, Vermischung und Entartung der Völker in der Welt gefördert und unterstützt.
Und dies:
...schleichen sich Vergiftungserscheinungen in den Blutstrom ein, so wird entweder der ganze Kreislauf und damit der Groß-Organismus Nation lahmgelegt, geht unter, oder er tritt in ein Stadium der Krankheit ein, vegetiert dahin. Bei klarer Erkenntnis dieser Sachlage hat nun das einzelne Volksglied das Recht, durch Rechtsschöpfung des eigenen sittlichen Ich der erkrankten Nation Hilfe zu leisten, als Arzt zu fungieren und als Hilfsmittel einen neuen provisorischen Kreislauf zur Wiederbelebung zu schaffen, der innerhalb der Nation bis zu ihrer Gesundung folgendermaßen aussieht:
Naturrecht - Widerstandsrecht - Volkselite - Bekämpfung der Führungselite - Forderung der Identität zwischen Gesetz und Naturrecht - Forderung nach praktischer Politik für Volk und Staat - Naturrecht.
Das Ziel dieses Eingriffs ist, das kranke Organ Führungselite durch die Volkselite als neues, gesundes Organ zu ersetzen, die Gifte aus dem Volkskörper auszuscheiden und den Groß-Organismus Nation zu neuem Dasein zu führen.
"...die Gifte aus dem Volkskörper auszuscheiden" - um der "Gesundung" zu einer "Gemeinschaft gleicher Abstammung" willen...
...ist die Nation als Hüterin des individuellen Menschentums eines Volkes sakrosankt und unantastbar.
Die Quelle für das Leben der Nation ist die Familie ... als Urzelle allen gemeinschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens ...
Bilden sich neben den biologischen und kulturellen Gemeinsamkeiten des Volkes auch geheiligte staatliche Traditionen...
... Synthese zwischen Volk und Staat ... Bewußtsein des Volkes und das der Staatsführung ... manifestiert in dem Willen zur Einheit zwischen Volk und Staat innerhalb der Idee Nation... als Verschmelzung von Staat und Volk... auch im Unterbewußtsein... des Volkes und seiner Führungsschichten Wurzel geschlagen ...
Die physische Vernichtung des Volkes ist ebenso möglich wie die völlige Entartung...
Somit wäre das Bild der Staatsnation aufgezeichnet als der höchsten homogenen Menschengemeinschaft und Gesellschaft... eine eng verflochtene politische, kulturelle und biologische Schicksalsgemeinschaft...
... so prägt auch in einer Nation nicht das Volk seine Führung, sondern die Führung das Volk...
Meinte Wolf Schenke:
Im Hintergrund der Auseinandersetzung mit Horst Lummert stehen Meinungsverschiedenheiten in der Sache.
(NP 14/71)
Hans Herrschaft erwähnte die
Angriffe durch Herrn Lummert und den Berliner Extradienst..., die Aussagen eines VDNV-Mitgliedes aus dem Zusammenhang gerissen dazu benützten, der VDNV faschistische Bestrebungen zu unterstellen und NP, VDNV und AUD gegeneinander auszuspielen
(NP 18/71).
Schenke weiter:
Es geht um die Frage - ich möchte sie eine Lebensfrage der abendländischen Welt nennen -, ob ein freiheitlicher Sozialismus in der Industrie-Gesellschaft durchgesetzt werden kann. Hier kleben viele an überalterten Vorstellungen über den Weg, z.B. denen von Karl Marx...
(NP 14/71).
Wer... sich als deutsche Sektion einer ideologisch begründeten Internationale versteht", heißt es dazu in einem Kontaktbrief der VDNV, ist Vertreter der Selbstaufgabe und scheidet deshalb schon von der Sache her als Träger des deutschen Neubaus aus. Er macht sich durch sein Verhalten zum Feind der Nation, der er selber entstammt.
Personelle und institutionelle Verflechtungen; der historische, ideologische, konkret sozio-ökonomische Hintergrund; ein offenbar bis ins feine Gewirr fleißiger Geheimdienste reichendes Netz von Beziehungen, Kontakten, Abhängigkeiten ...
Hat sich da ein überparteiliches Sammelbecken von ehemaligen Nazis, Geheimagenten, SS-Führern, SD-Handlangern, HJ-Führern, National-Konservativen, alten Generälen und Diplomaten, Schlichtgläubigen und anderen Kleinbürgern, eine selbsternannte Mittelstands-Elite schon so weit installiert, daß es nur noch der äußeren Unabhängigkeit der BRD bedarf, um sie ans Ruder zu bringen?
Eine Politik der nationalen Unabhängigkeit wird von diesen Kreisen seit Jahren zielstrebig verfolgt. Sie unterstützen denn auch - im Gegensatz zu anderen nationalistischen Gruppen - die Ostpolitik der SPD/FDP-Bundesregierung. Die außenpolitische Konzeption ist ein Tarnmittel für die innenpolitischen, autoritär-faschistischen Ziele und zugleich deren wesentliche Voraussetzung - und kommt der weiteren Expansion des westdeutschen Kapitals in die Staaten des politischen Ostens zugute. Die VDNV lehnt den Kurs der CDU/CSU nur ab, soweit er die Deutsche Einheit verhindert.
Es gibt Anzeichen dafür, daß es diesen Leuten gelungen ist, unter Hinweis auf ihre guten chinesischen Verbindungen in linke Gruppen hineinzukommen, wo sie sich meist dadurch schnell entlarven, daß sie eine konsequente proletarische Linie bekämpfen und den Dialektischen Materialismus als Dogmatismus diskreditieren.
Vornehmste Aufgabe der deutschen Militärberater Tschiang Kai-sheks war es in den dreißiger Jahren, antikommunistische Ausrottungsfeldzüge zu organisieren. Der NS-Ideologe Wolf Schenke half in dieser Richtung mit den Mitteln der Propaganda und Information.
Als Antikomintern-Agent schrieb er über Volksfrontpolitik im Fernen Osten im außenpolitischen Teil des Völkischen Beobachter vom 5.3.37:
Wir haben im V.B. schon mehrfach auf die verschlagene Taktik der chinesischen Kommunisten hingewiesen... Inzwischen hat diese Taktik ein äußerlich noch gefährlicheres Gesicht bekommen... An die Seite der spanischen und französischen soll nun auch eine chinesische Volksfront treten... Volksfronten mit internationalem Charakter scheinen eine Einmischung geradezu hervorzurufen... Opportunismus und Eintagspolitik mögen oft ihre Berechtigung haben, gegenüber dem Kommunismus versagen sie... Wir können lediglich auf unsere Erfahrungen mit dem Bolschewismus hinweisen und sagen, daß unsere nationalsozialistische-Revolution nicht so unblutig verlaufen wäre, wenn wir gewartet hätten, bis die Roten von Moskau noch mehr Waffen und Geld erhalten hätten.
Schenke verweist heute gern auf seine politischen Differenzen mit der Ostasienpolitik Hitlers, der Japan unterstützte. Schenke sah da tiefer: er wollte den ideologisch motivierten antikommunistischen Kampf auf chinesischer Seite. Mittlerweile propagiert er Mao, wie er ihn versteht.
Um eine nachhaltige antisozialistische, antiproletarische Politik in der Bundesrepublik durchzusetzen, müssen sich diese Kräfte im Innern über die Entwicklung der sozialistischen Opposition auf dem laufenden halten und nach außen sich der Nichteinmischung fremder Mächte versichern.
Denn, so heißt es im Weltanschauungs-Blatt der VDNV:
Es darf keine Einmischung in die inneren Angelegenheiten einer Nation durch fremde Nationen geben, und damit jedermann auch versteht, was gemeint ist: mit Verfassungsproblemen und Herrschaftsprinzipien wird jedes Staatsvolk am besten selbst fertig.
Überdies:
Die Möglichkeit besteht durchaus, daß aus nationalen Teilstaaten, mit möglicherweise dazugehörigen verschiedenen sozialen Ordnungen, verschiedene Nationen entstehen (Niederlande und Belgien). Hier stellt sich für die Eliten der Teilstaaten oder der okkupierten Nationalstaaten, wenn sie sich als Vollstrecker des Volkswillens und Hüter des Volkes auffassen und nicht Satrapen der Fremdmächte darstellen, die primäre politische Aufgabe, die verlorene Integrität der Nation wiederherzustellen. Hinter dieser Aufgabenstellung tritt für eine echte Elite alle sonstige Problembewältigung als sekundär zurück.
Nachzulesen im Kontaktbrief der VDNV (Nr.5; Sept./Okt.1971).
Ich empfehle dringend, sich diesen Verein genauer anzusehen und die internen VDNV-Schriften eingehend zu studieren. Dahinter verbergen sich keine Träumer, sondern nationalistische Profis. Die gegenwärtigen Verhältnisse im besetzten Deutschland gebieten ihnen, sich bis zum Tage X einen taktischen Schafspelz umzuhängen, mal diesen, mal jenen. Am Mantelzipfel der jetzigen SPD/FDP-Koalition hängen - wer weiß es? - die Militärdiktatoren von morgen.
Der erbitterte Machtkampf zweier offenbar recht potenter gesellschaftlicher Gruppen entpuppt sich als Fortsetzung der alten Cliquenkämpfe des Dritten Reiches; als ein Streit um die legitime Nachfolge dieses Reiches, um die Kontinuität seiner autoriär-faschistischen (nationalen) Politik. Und damit auch um die Erbschaft des ehemaligen Reichs-Vermögens.
Das kollektive Unbewußte, das die hier skizzierte Gruppierung bindet, ist eine den völkischen Narzißmus beständig erneuernde, geradezu religiöse antisemitische (antijudaische) Grundhaltung. Ein weltanschaulicher Antimarxismus (wobei nie vergessen wird, daß Marx Jude war) versteht sich da schon von selbst.
Interessant wird in diesem Zusammenhang das rigorose pro-arabisch/anti-israelische Engagement dieser Kreise - mit besonderen Sympathien für jene spektakulären Aktionen gegen den Flugverkehr, gegen Zivilisten usw., die von den revolutionären Marxisten in der ganzen Welt grundsätzlich abgelehnt werden.
Neben der unideologischen, friedlichen ostpolitischen Konzeption kommt ihnen zugute, daß etliche Angehörige des national-konservativ-reaktionären Widerstands vom 20. Juli 1944 dazugehören. Diese Leute wollten den autoritären Staat zuletzt noch gegen Hitler retten.
Einer der Alten Herren im Bundesvorstand der Vereinigung Deutsche Nationalversammlung ist Dr. Werner Otto von Hentig, seit 1911 im diplomatischen Dienst tätig; er war in der Hitlerzeit Leiter der Orientabteilung des Auswärtigen Amtes (Politik VII), zuständiger politischer Referent, Gesandter, nach dem II. Weltkrieg Botschafter in Indonesien.
Der Chefmythologe der NSDAP, Herausgeber und Hauptschriftleiter des Völkischen Beobachter, Alfred Rosenberg, vermerkt in seinem Politischen Tagebuch (dtv-dokumente, Bd. 219):
Hentig vertrat... Ende 1939 den Plan, die afghanische Regierung durch praktisch improvisierte Inszenierung von Aufständen einzelner Afghanenstämme zu stürzen und die jetzige Regierung durch Amanullah zu ersetzen.
(236)
Amanullah hat mir einen deutschen Freund geschickt: er wolle in Kabul einen Putsch machen und mit russischer Hilfe in Nordwestindien einbrechen. Ich sagte, ich hätte noch erfahren, daß Canaris von sich aus einen ähnlichen Fall bearbeite.
(105)
... verfolgte Hentig Ideen, von Syrien aus Aufstände bei den dortigen verschiedensten Rassen und Stämmen gegen das Empire durch seine Person improvisieren zu können, anscheinend in der Absicht zu versuchen, Wasmuss oder Lawrence aus dem Weltkrieg zu kopieren.
(234)
Nebenbei zeigen sich die damaligen Rivalitäten zwischen Auswärtigem Amt und Außenpolitischem Amt der NSDAP.
Von 1952 bis 1954 war von Hentig Botschafter der Bundesrepublik in Indonesien.
Auf der Rückreise von Djakarta nach Deutschland lud mich 1954 König Saud 1. ein, ihn zu besuchen. Er bot mir eine Stelle in seinem Kabinett an,
schreibt von Hentig in einem Aufsatz für die Neue Politik (41/70).
Ich zog es vor, als freier Ratgeber der Sache zu dienen...
1956 fährt er auf Bitten des ägyptischen Botschafters in Djiddah nach Kairo zu Präsident Nasser.
Früh hatte sich Wolf Schenkes VB-Chef Alfred Rosenberg Sorgen um die Zukunft gemacht. Gleich nach Beginn des Zweiten Weltkrieges bemühte er sich bei seinem Führer um die Ernennung zum Beauftragten des Führers zur Sicherung der Nationalsozialistischen Weltanschauung.
Rosenbergs designierter Nachfolger: Gottfried Griesmayr - Mitarbeiter des HJ-Führerorgans Wille und Macht und Angehöriger des Freundes- und Fördererkreises der Neuen Politik des Wolf Schenke in Hamburg.
Geschrieben: 1971
Eine vorläufige Nachbemerkung

Der 71er Artikel über den versteckten Nazismus folgt in Sachen Geheimdienstklüngel zunächst der Schilderung des Spiegel, d.h. er bemüht sich nicht, zu klären, ob die genannten Dienste nicht ebensogut auch ausgetauscht werden könnten. Sicherlich ist das alles austauschbar. Sicherlich muß auch zwischen der Situation vor und der nach Bildung der sozialliberalen Koalition unterschieden werden.
Mein Beitrag stützt sich besonders im zweiten Teil auf Engelmanns Angaben im deutschen panorama, die ich nicht nachprüfen konnte.
Überhaupt wäre es Aufgabe der Redaktionen gewesen, denen ich damals das Manuskript zusandte, alles von mir Dargelegte noch einmal genau zu überprüfen. Es bestand immerhin auch die Möglichkeit, daß ich einer falschen Schlußfolgerung erlegen war. Zwar hatte ich mir aus Berliner Archiven allerlei herausgeklaubt; möglicherweise sah ich Licht, während ich doch im dunkeln tappte. Recherchieren war nie meine Sache.
Zudem: latenter Faschismus war für mich immer eine psychologische Frage, im Denken und in der Sprache auffindbar, beantwortbar. Wer meine Arbeiten in der Neuen Politik kennt, weiß, daß der redaktionelle Konflikt sich zuerst an solchen Problemen entzündete.
Meine Mitarbeit an der NP ist übrigens auch ein ganz gutes Beispiel dafür, daß man den biographischen Hintergrund seiner Umgebung nicht kennen muß, um nicht Gefahr zu laufen, sich selbst zu verraten - wenn man nicht vergißt, auf bestimmte Prinzipien achtzuhaben.
Die Welt des Faschismus ist vor allem Gegenwelt: zum Wort, zum Denken. Genauer noch: Vorwelt.
Das Steckengebliebene gibt sich als ein Besonderes aus. Der Gegensinn entpuppt sich als Illusion. Ihm anheimzufallen, ist stets Gefahr, wo ein anti-emanzipatorischer Trotz sich meist schon in jungen Jahren zeigt.
Die Angst vor der Selbstanalyse diffamiert denn natürlich auch die Psychologie als unmenschlich, gerade da, wo sie die Türen zur Menschwerdung zu öffnen sich anschickt. Die deutsche Misere.
Zur bundesrepublikanischen Misere gehört nicht nur der latente Faschismus der Adenauer-Ära. Was zu Kiesingers Zeiten subtiler Faschismus hieß, hat - anders, als vermutet - in der Zeit nach Kiesinger erst richtig sich ausgebreitet. Ein bundesdeutscher - weltanschaulicher - Nord-Süd-Konflikt überwuchert und ersetzt am Ende die akuten Klassenauseinandersetzungen.
Maskierung. Nachahmung. Kein Zweifel: das Zeitalter der industriellen Hochleistungen ist seinem Wesen nach Zeitalter der Epigonen, der unschöpferischen Über-Reproduktion. Alles schön verhüllt. Der "Sozialismus der dummen Kerle" ist en vogue.
Die im großen und ganzen doch wohlwollende Behandlung jenes Schenke-Buches durch Bruno Frei in der Ostberliner Weltbühne (daß man's überhaupt zur Kenntnis nahm!) erklärt sich aus konvergierenden - europapolitischen - Interessen der Sowjetunion (wo man Schenkes Mao-NSDAP-Vergleich mittlerweile, wenn auch mit anderem Akzent, ohnehin sich zu eigen gemacht hat) - von langer Hand.
Solche Überlegungen erklären indes nur zum Teil die Reaktion der Zeitungs- und Zeitschriftenredaktionen, denen ich damals das Manuskript zusandte. Es wurde auch nicht (wie ich im stillen noch hoffte) als taube Nuß, als Seifenblase abgetan. Im Gegenteil. Dennoch hat's niemand drucken wollen.
Dieses Heft ist beladen mit Stoff genug. Es bleibt noch etliches zu dokumentieren. Das soll aber nicht mehr in den achten kuckuck kommen.
Manches hat sich in den vergangenen Jahren geändert. Zum Beispiel erscheint die Neue Politik nicht mehr als Wochenschrift. Solche und ähnliche Einzelheiten halte ich zunächst für belanglos. Ich lege Wert darauf, am Stand von 1971 anzuknüpfen.
kuckuck 8
1975, Sommer

6clopes

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Message par 6clopes Lun 28 Déc - 0:13

http://www.nadir.org/nadir/periodika/jungle_world/_2000/48/08a.htm

Die Oktoberfest-Connection

Kontakte sind das A und O des internationalen Waffenhandels. Karlheinz Schreiber hatte sie - zu Industrie und Christdemokraten, aber auch zu SPD-Mitgliedern und BND. von thies marsen

Karlheinz Schreiber war dafür bekannt, dass er stets dicke Geldbündel mit sich herumschleppte und gerne großzügige Geschenke machte. »Politische Landschaftspflege« nannte er diese Praxis, mit diversen Gefälligkeiten illegale Waffengeschäfte anzuschieben - ganz im Sinne seiner Auftraggeber Siemens oder Thyssen.

Die Großzügigkeit des CSU-Mitglieds und Strauß-Spezls beschränkte sich nicht auf Parteifreunde. »Von mir haben die CSU, die CDU und die SPD Geld bekommen«, betont Schreiber. Und auch wenn der Waffenhändler alljährlich zum gemeinsamen Maßkrugstemmen auf das Münchner Oktoberfest lud, hockte eine große Koalition am Biertisch: Erich Riedl, CSU-Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, war ebenso mit von der Partie wie Schreibers Duzfreund Helmut Wieczorek von der SPD. Der ehemalige Vorsitzende des Haushaltsausschusses des Bundestages und heutige Leiter des Verteidigungsausschusses war schließlich jahrelang Geschäftsführer der Tochterfirma Thyssen Engineering.

In dieser Eigenschaft setzte sich Wieczorek bereits 1989 maßgeblich für eines der größten Geschäfte Schreibers ein, das so genannte Bear-Head-Projekt in Kanada. Auf einer kleinen Halbinsel zwischen Halifax und Kap Breton, die die Form eines Bärenkopfes hat, wollte Thyssen eine Panzerfabrik bauen, um so den Zugang zum nordamerikanischen Waffenmarkt zu erschließen und von dort aus in Krisengebiete wie den Nahen Osten exportieren zu können, was deutsche Gesetze nicht erlauben. Um Schreiber bei seinen Verhandlungen mit der kanadischen Regierung zu unterstützen, zahlte Thyssen Engineering auf Anweisung von Wieczorek von 1989 bis 1991 monatlich 6000 kanadische Dollar an Schreibers Firma Bitucan.

Wieczorek ist nicht der einzige Sozialdemokrat, der seine Spuren im Sumpf des CDU-Spendenskandals hinterlassen hat. Auch sein Vorgänger im Amt des Haushaltsausschussvorsitzenden, Rudi Walther, hatte seine Finger im Spiel, als es darum ging, Thyssen lukrative Aufträge zuzuschanzen. Er hatte beim Panzerdeal mit Saudi-Arabien ein entscheidendes Wort mitzureden. Um Einzelheiten zu besprechen, traf Walther, in dessen Kasseler Wahlkreis Thyssen eine Panzerschmiede betreibt, 1991 mindestens einmal den Thyssen-Manager Jürgen Maßmann. Dieser wird inzwischen angeklagt, bei dem Geschäft mit Saudi-Arabien über vier Millionen Mark an Schmiergeldern kassiert zu haben.

Dass auch an Wieczorek und Walther und damit an die SPD Thyssen-Schmiergelder in Millionenhöhe flossen, ist unwahrscheinlich. Die beiden SPD-Mitglieder handelten wohl weniger im Auftrag ihrer Partei, sondern als treue Thyssen-Männer - ganz im Dienste der Prosperität des Konzerns und der Erhaltung der Arbeitsplätze ihrer WählerInnen.

Doch die illustre Gesellschaft am Schreiber-Stammtisch auf dem Oktoberfest weist noch auf eine andere Dimension der Spendenaffäre hin, die bislang kaum beachtet wurde: die Beteiligung des Bundesnachrichtendienstes (BND) an weltweiten Waffengeschäften. Denn zu der Runde im Wiesn-Festzelt gehörte auch der BND-Mann Werner Ströhlein, der in der Geheimdienstzentrale in Pullach unter den Decknamen Schottler und Palme geführt wird.

Ströhlein war ab Ende der siebziger Jahre als BND-Resident in Lateinamerika tätig, zuerst in Costa Rica, ab 1982 in Mexiko. Nebenbei unterhielt er wie so viele BND-Agenten beste Verbindungen zur CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung. In der Münchener Stiftungszentrale ging auch Karlheinz Schreiber ein und aus. So kam auch der Kontakt zwischen Ströhlein und Schreiber zustande. Sicher ist: Neben seiner Hauptaufgabe - der Unterstützung rechtsgerichteter Kräfte in Mittelamerika - stellte sich der BNDler bald auch in den Dienst Schreibers. »Ströhlein ist von Schreiber als Türöffner bei Waffengeschäften benutzt worden«, so der Geheimdienstexperte und Direktor des Weilheimer Forschungsinstituts für Friedenspolitik, Erich Schmidt-Eenboom. Mindestens zweimal habe Ströhlein den Waffenlobbyisten auf Geschäftsreisen begleitet - nach Panama City und nach Toronto.

Eine derartige Zusammenarbeit zwischen Geheimdienst und Waffenlobby ist Schmidt-Eenboom zufolge normal. Bei internationalen Waffengeschäften tritt der BND häufig als Vermittler und Makler auf. Die wehrtechnische Industrie wendet sich bei Exportgeschäften des öfteren hilfesuchend an den BND. Dafür gibt es in Pullach eine eigene Organisationseinheit mit dem Namen »Wirtschaftsverbindungsdienst«. Umgekehrt wenden sich auch potentielle Waffenkäufer im Ausland an den örtlichen BND-Mann, damit er den Kontakt zur deutschen Industrie herstellt.

Offiziell streitet der BND derartige Geschäftsanbahnungen ab. Und auch der Nachweis, dass die Bundesregierung über die Waffengeschäfte ihres Geheimdienstes Bescheid weiß, ist nur schwer zu führen. Schmidt-Eenboom ist sich dennoch sicher: »Da gibt es eine Rückkopplung mit der Politik. Das geschieht stets im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt. Aber immer unter dem Vorzeichen der ,Ableugnungsmöglichkeit'. Das heißt, wenn etwas öffentlich wird, dann muss die Operation so gefahren sein, dass die Regierung Nichtwissen vortäuschen und die Verantwortung notfalls auf den BND allein schieben kann.«

Neben der Industrie und dem Geheimdienst habe auch die Bundesregierung ein Interesse an weltweiten Waffengeschäften der heimischen Konzerne: »Natürlich festigt es die Stellung der Bundesrepublik in einem bestimmten Land, wenn Wehr- und Geheimdiensttechniken in Deutschland gekauft werden. Das dient einerseits der Prosperität der deutschen Wirtschaft und zum anderen der Durchsetzung geostrategischer Interessen.«

Das schmutzige Geschäft des deutschen Geheimdienstes mit Waffen ist so alt wie die Bundesrepublik selbst. Das Schweizer Nachrichtenmagazin Facts behauptete jüngst unter Berufung auf Akten der Schweizer Bundesanwaltschaft, deutsche Geheimdienstler hätten bereits kurz nach dem Zweiten Weltkrieg in Liechtenstein eine Waffenschieberzentrale eingerichtet. Ihr Name lautete Octogon Trust. Den finanziellen Grundstock der Firma, die weltweit über beste Kontakte verfügte, so etwa zu CIA-Chef Allen W. Dulles, bildete vermutlich ein Geheimfonds, den die deutsche Abwehr während des Krieges in der Schweiz aufgelegt und mit 250 Millionen Franken ausgestattet hatte.

Eines ihrer größten Geschäfte wickelte die Octogon Trust 1956 ab, als die Wiederbewaffnung die bundesdeutschen Parteien spaltete. Konrad Adenauers Kanzleramtschef Otto Lenz bestellte über Octogon Trust 10 000 Schützenpanzer vom Typ HS30 bei der Genfer Waffenschmiede Hispano-Suiza. Der Panzer entpuppte sich als totaler Flopp. Wegen Konstruktionsmängeln musste er mehrfach umgebaut werden. Die Vermittler des Deals steckten mehr als 30 Millionen Mark Provision ein. Der ehemalige Staatsminister im Auswärtigen Amt, Karl Moersch, geht davon aus, dass das Geld auf Konten der CDU und des BND bei den Zürcher Privatbanken Julius Bär und Vontobel versickerte. Diese Vermutung deckt sich mit Erkenntnissen der Schweizer Bundesanwaltschaft.

In den sechziger Jahren exportierte die deutsche Firma Merex von Gerhard Georg Mertins während des indisch-pakistanischen Krieges 89 Kampfflugzeuge nach Pakistan. Auch der Kriegsgegner Indien wurde mit 28 Düsenflugzeugen des Typs Seahawk beliefert. Als die Staatsanwaltschaft Bonn Mertins 1973 anklagte, gegen das Außenwirtschaftsgesetz verstoßen zu haben, wurde der Kaufmann freigesprochen. Er konnte nachweisen, im Auftrag des BND exportiert zu haben.

»Ich habe den Eindruck, dass das System inzwischen so versumpft ist, dass es nicht mehr schwerpunktmäßig um außenpolitische Interessen geht, sondern nur noch um Felder, auf denen man Geld für die CDU machen kann«, erklärt Geheimdienstexperte Schmidt-Eenboom.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die tatsächliche Rolle des Strauß-Freundes Karlheinz Schreiber. War Schreiber tatsächlich freischaffender Makler im Dienste der Rüstungsindustrie oder stand er gleich doppelt im Sold: als Waffenlobbyist und als Provisionseintreiber für die Hintermänner aus der Politik? Auffällt, dass Schreiber ein finanzielles Leichtgewicht ist. Und auch die Baufirma seines Sohnes im bayerischen Kaufbeuren krebst vor sich hin. Vielleicht ist die Antwort ganz einfach: 90 Prozent seiner Provisionen, so soll Schreiber einmal gesagt haben, kassiere nicht er, sondern führende bayerische Politiker.

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Message par 6clopes Lun 28 Déc - 0:17

octogon: Entreprise installée dans la principauté de Liechtenstein, suspect d'avoir contribué au réarmement de la RFA en 1953/1954. Cf. Christiane Uhlig, Petra Barthelmess, Mario König, Peter Pfaffenroth, Bettina Zeugin:Tarnung, Transfer, Transit. Die Schweiz als Drehscheibe verdeckter deutscher Operationen (1938-1952), ZH, 2001.
Cf. Peter Hug, Schweizer Rüstungsindustrie


Dernière édition par 6clopes le Lun 28 Déc - 1:36, édité 1 fois

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Message par 6clopes Lun 28 Déc - 0:25

doc: Sur la base d'informations de presse à propos du rôle d'intermédiaire de l'entreprise Octogon, le Conseil fédéral refuse l'autorisation pour l'exportations de 46 canons antiaériens d'Hispano-Suiza. L'Allemagne intervient pour confirmer que les armes ne serviront qu'à la défense des frontières et rivages. doc en all.

http://www.megaupload.com/?d=PX6GDYHR

doc en fr

http://www.megaupload.com/?d=LIK0TVYB

5 ans avant l'édification du mur de berlin...

1956 - Discussion avec le Ministre de Pologne concernant les dernières propositions polonaises au sujet de la Corée: la Suisse est déçue. On aimerait mettre fin au contrôle «fictif» de la commission neutre de surveillance. En outre, le Ministre polonais tient à mentionner la réunification allemande et le souci de son gouvernement concernant un éventuel réarmement de l'Allemagne de l'Ouest. -

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